HERITAGE  EAGLE  ARCHTOP

 

 

 

 

 

Die The Heritage Guitar Company eröffnete April 1985, nachdem die Firma Gibson ein halbes Jahr zuvor die Produktion in Kalamazoo/ Michigan einstellte und nach Nashville verlagerte. Einige Gibson Mitarbeiter machten den Umzug nicht mit und gründeten in den ehemaligen Gibson Werkhallen ihre eigene Firma. Heritage Gitarren wurden und werden wohl auch teils noch von ehemaligen Gibson-Mitarbeitern gebaut und es werden auch noch alte Herstellungsmaschinen der Firma verwendet. Die meisten Heritage Gitarren sind den bekannten Gibson Modellen angelehnt.

 

                             

 

Meine Heritage Eagle ist eine vollmassive Archtop. Sie hat statt der Mahagonidecke des Standardmodells eine handgeschnitzte Fichtendecke. Der Boden, die Zargen, der Hals und sogar das Schlagbrett sind aus Mahagoni. Sie wurde 1994 hergestellt, was man z.B. auch am Saitenhalter (Tailpiece) a la Gibson ES175 erkennen kann. Die Saitenhalter der neueren Heritage Modelle haben ein H als Verzierung in der Mitte. Eindeutiges Indiz für das Baujahr der Heritage Gitarren ist der Buchstabe vor der Seriennummer. Die ersten Modelle hatten ein B für 1985. Beim K ist man dann im Jahr 1994 angekommen. Meine Heritage Eagle hat ein K vor der fünfstelligen Seriennummer.

Im Gegensatz zum Standard Eagle Modell hat diese Gitarre außerdem ein Halsbinding und einen in die Decke eingebauten Humbucker in der Halsposition, der über ein Volume- und ein Tonpoti regelbar ist.
Das Standardmodell hat kein Halsbinding und einen schwebend angebrachten Halspickup ohne Tonregler.

Solche Besonderheiten sind bei Heritage Gitarren nicht unbedingt ungewöhnlich. Man kann auch heute noch bei Heritage nach Custom Shop Manier alle möglichen Sonderwünsche anmelden, wobei aber jeder Wunsch natürlich einen Aufpreis mit sich bringt. Meine Eagle ist also eine "Sonderanfertigung".

Ich habe ein kleines Video bei Youtube eingestellt, dort habe ich etwas auf meiner Heritage herumgeklimpert, zu hören ist dort in erster Linie der rein akustische Sound. Einen direkten Link dazu gibt es hier lieber nicht, weil ich dort gecoverte Sachen klimpere. Man findet es aber schnell, wenn man bei Youtube nach guitartestdiet und Heritage Eagle sucht.

 

                             

 

Die Heritage Eagle hat wie z.B. auch die Gibson L5 eine 65 cm Mensur. Mit dem aufgezogenen .012 bis .054 Inch Saitensatz ist die Gitarre sehr gut spielbar. Für einen die Les Paul Mensur gewöhnten Spieler wie mich ist allerdings schon etwas Eingewöhnung erforderlich. Die Spielweise ändert sich auch sozusagen automatisch. Die sonst problemlos möglichen Ganzton Bendings sind z.B. plötzlich gar nicht mehr so angesagt.

Unverstärkt gespielt ist die Gitarre etwas leiser als eine Dreadnought Akustikgitarre und der Klang ist deutlich anders. Es klingt beileibe nicht so "schön" breit und Hifi-mäßig wie bei einer guten Stahlsaiten Akustikgitarre.
Hier knarzt es ganz schön im Karton und der Klang hat einen mittigeren, merkwürdigerweise aber auch viel holzigeren Charakter. Man könnte vielleicht sagen, es klingt wie eine Dreadnought, die täglich zwei Schachteln Marlboro inhaliert und der im unteren Zargen noch etwas Jack Daniels umherschwappt. Zumindest klingt meine so und das passt mir ganz gut, denn das setzt sich auch im elektrischen Betrieb fort.

Die Gitarre hat außerdem mit dickeren Saiten bemerkenswert viel Bass. Akustisch ist das gut, elektrifiziert leicht dessen zuviel. Mein kleiner Roland Mini Cube ist damit schnell hoffnungslos überfordert und vibriert sich aus allen Ritzen hustend fast selbst vom Tisch. Jeder ausgewachsene cleane Verstärker mit Bassregler kommt aber sehr gut mit der beleibten Dame klar.

Rückkopplungen sind natürlich konstruktionsbedingt schnell ein Thema. Man muss eben die Position zum Verstärker daraufhin ausrichten und auch mit dem Gain haushalten. Das ist nun mal so mit einer Archtop.

Wie schon gesagt bleibt der schöne rauchige, knarzige Charakter auch im elektrischen Betrieb erhalten. Vielseitig ist sie nicht, sie hat nur diesen Ton. Es klingt sehr holzig jazzig, aber keinesfalls dumpf. Zu den reichlich aufgetischten unteren Registern gesellen sich zum Glück genug Brillanzreserven. Um einen dumpferen, verhangeneren Jazz-Ton zu bekommen, (raunchy nennt man das, glaube ich gelesen zu haben) muss man schon am Tonpoti drehen. Der Humbucker überträgt den recht speziellen akustischen Charakter der Gitarre in meinen Ohren recht gut in die elektrische Welt. Ich weiß, dass Heritage in den neunziger Jahren Schaller Pickups verbaute und vermute deshalb, dass ich es hier mit einem zu tun habe. Vielleicht probiere ich irgendwann mal einen anderen aus, wer weiß, momentan ist mir aber gar nicht danach.

Am Verstärker sollte man in zumindest halbwegs cleanen Gefilden bleiben. Für verzerrte Sound ist diese Gitarre einfach nicht gemacht und das zeigt sie einem auch. Erst mal natürlich durch schnell einsetzende Rückkopplungen, aber auch der Klang ist dann nicht wirklich erheiternd. Das Holzige verschwindet und es wird fett dröhnig. Die Gitarre sträubt sich regelrecht dagegen. Da bleibt man nicht lange, das ist nix. Je weiter man den Zerrgrad zurückdreht, desto mehr geht die Sonne auf. Für diese Sachen sind andere Gitarren da.

 

                             

 

Ich habe meine Heritage Eagle in den USA gekauft. Sie entsprach mit dem einzelnen Humbucker, der Holzauswahl, dem runden (venetian) Cutaway und dem Halsbinding genau dem, was ich gesucht hatte. So bin ich das Risiko eingegangen. Ich habe inklusive Fracht etwas weniger als 2000 Euro ausgegeben, das war es mir wert.

Die Verarbeitung der Gitarre ist erstklassig bis auf zwei kleine Mankos. Der Saitenführung am Sattel war nicht hundertprozentig ausgerichtet, die A Saite war etwas von der E Saite weg in Richtung D Saite gerutscht.
Der zweite kleine Fehler war ein etwas zu hoch herausschauender 15. Bund, der Schnarren beim Greifen im 14 Bund verursachte. Kein großes Ding, nur ein Fall für die Feile. Auf jeden Fall widerspricht das alles aber der oft gehörten Aussage, dass Heritage Gitarren grundsätzlich besser verarbeitet wären als die Gibsons. Mittlerweile habe ich bei der Gitarre in Berlin eine Plek-Behandlung machen lassen, bei der auch der Sattel erneuert wurde. Jetzt ist die Bespielbarkeit hervorragend und lässt keine Wünsche offen.
(Wer mehr über Plek wissen möchte, sollte einfach mal googln)

Die Oktavreinheit ist in Verbindung mit dem Holzsteg zwar nicht hundertprozentig, aber im nicht negativ auffallendem Bereich. Gut genug um ohne Feilmaßnahmen am Holzsteg auszukommen. Allerdings aber nur mit einer umwickelten G-Saite, denn für die ist der vorhandene Holzsteg ausgerichtet. Eine probeweise aufgezogene, von der Stärke her passende blanke G-Saite warf die Oktavreinheit ziemlich aus dem Ruder. Auch der Klang ist mit einer gewickelten G-Saite in meinen Ohren viel ausgewogener.
Beim ersten Saitenwechsel habe ich einen Tuneomatic Steg aus Metall ausprobiert, der problemlos auf den hölzernen Stegträger passt. Hier ließ sich die Oktavreinheit natürlich genauer einstellen, dafür war der Klang für mich aber etwas weniger ansprechend. Das Holzige im Klang ging etwas verloren und damit auch ein wenig vom Charakter der Gitarre. Mittlerweile ist der Holzsteg wieder drauf und wird es wohl auch bleiben. 

Der Verkäufer vermutete aufgrund des Etiketts im Korpus, dass es sich um die 58zigste von Heritage gebaute Eagle handelt, das ist wohl Humbug. Aus dem im Korpus vermerkten Model 058 könnte man auch Model 05B herauslesen. Ich lese da allerdings OSB für Old Style Sunburst heraus, eine auch in der aktuellen Heritage Website angebotene Farbgebung, die meine Gitarre nun mal auch hat. Die Gitarre hatte bis auf ganz leichte Plektrumsstreifen auf dem Schlagbrett keinerlei Gebrauchsspuren, auch die Bünde waren wie neu. Die Gitarre ist offenbar kaum bis gar nicht gespielt worden und ich hoffe, sie wird sich mit der Zeit noch so richtig schön einschwingen. 

 

ZURÜCK