Gibson Les Paul Standard

 

Baujahr 1978

 

 

Diese Gibson Les Paul Standard gehört meinem Freund Lübby, bei dem ich mich hier erst mal für die Leihgabe bedanken möchte. 

Eine Les Paul kennt eigentlich jeder Gitarrist und alle haben irgendwann mal zumindest eine in der Hand.
Deshalb spare ich mir hier genauere Beschreibungen der üblichen Merkmale dieses Gitarrentyps und komme gleich zu dem, was diese spezielle Les Paul zu einer eher selteneren Vertreterin ihrer Gattung macht. Das besondere ist der Ahornhals, der hier anstatt des sonst meist verbauten Mahagoni verwendet wurde.

In den Siebzigern, der sogenannten Norlin-Zeit (1968 bis 1980), wurde bei Gibson in Sachen Les Paul viel experimentiert. Es gab z.B. dreischichtige sogenannte Sandwich Bodies und eben auch Ahorn Hälse. Einen guten Ruf haben die Gibsons aus dieser Zeit nicht gerade. Als der Multikonzern Norlin das Sagen hatte, wurde die Qualität der Gitarren nicht unbedingt aufgewertet. Sparmaßnahmen waren angesagt. Es wurden zum Teil nicht genügend gelagerte bzw. getrocknete Hölzer verbaut, was des öfteren zu verzogenen Hälsen führte und auch die weitere Verarbeitung ließ manchmal zu wünschen übrig.

Bei diesem Exemplar aus dem Jahr 1978 scheint alles gut gegangen zu sein. Der Hals lässt sich wunderbar bespielen und die Verarbeitung ist auch ok. Allerdings gibt es hier eine Menge Spielspuren zu sehen, die Rückseite ist Gürtelschnallengeschändet und auch sonst gibt es überall kleinere Kerben und Wehwehchen.
Die Gitarre wurde gespielt, das sieht man und das ist auch gut so.

Die Ahorndecke ist nicht unbedingt die schönste. Sie besteht aus drei Teilen und die Maserung der Teile ist nicht sonderlich aufeinander abgestimmt. An solchen Stellen wurde zu der Zeit gespart, die Decken der heutigen Standards sind schöner. Das kleine Pickguard passt nicht hundertprozentig und ist offensichtlich nicht original. Die Bünde sind sehr breit und flach, da denkt man an den sogenannten "fretless wonder" Hals alter Les Paul Customs. Das gefällt sicher nicht jedem und ist auch für mich eher ungewöhnlich, die Bespielbarkeit würde ich aber als ziemlich klasse bezeichnen. 

 

                        

Ob ein Gitarrenhals aus Ahorn oder aus Mahagoni besteht ist ein sehr großer Unterschied. Diese Erfahrung habe ich mit drei Gibson ES 135 gemacht, bei denen ich festgestellt habe, dass ein Ahornhals meinen Klangvorstellungen viel eher entspricht und meinen ganz subjektiven Vorlieben sehr entgegenkommt.

Auch bei Les Pauls trifft das offensichtlich zu. Ich konnte diese Les Paul schon vor einiger Zeit mit meiner Mahagonihals Standard aus dem Jahr 1988 vergleichen, die ich mittlerweile verkauft habe. Der Unterschied war mehr als groß und ziemlich eindeutig auf das Halsmaterial zurückzuführen. Die hier zu sehende Ahornhals Les Paul klang in dem Vergleich schlanker, straffer und dynamischer. Der typische Les Paul Ton ist zwar ganz klar da, aber nicht so fett und schwer wie bei einer Mahagonihals Schwester. Das Sustain ist Paula-typisch lang, es ist aber mehr Anschlagknack vorhanden und die Gitarre wirkt dadurch spritziger. Außerdem gibt es mehr Höhen, was für mein Empfinden insbesondere dem Halspickup entgegenkommt.

 

                        

 

Eigentlich schade, dass Gibson heute keine Standards mit Ahornhals anbietet. Aufgrund des transparenteren und agileren Klangbildes würden solche Les Pauls mit Sicherheit ihre Abnehmer finden, auch wenn vielleicht weniger unvoreingenommene einen Mahagonihals als Pflichtbestandteil einer solchen Gitarre sehen. Für mich ist die hier getestete jedenfalls zwar nicht die schönste, aber mit Sicherheit eine der am besten klingenden Paulas, die mir bisher in die Finger gerieten.

© Bilder und Text, Dieter Stenzel, 12.01.2007

 

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