St.Blues Bluesmaster II

 

 

Die Firma Saint Blues hat ihren Sitz in Memphis Tennessee. Die Gitarren werden aber in Korea gebaut und dann in Memphis nochmal gecheckt und eingestellt. In der Zeitschrift Gitarre&Bass, Ausgabe Juni 2008 ist die Geschichte der Firma beschrieben. Die Testgitarre Bluesmaster gab es demnach schon einmal von 1985 bis1989. Damals wurden die Teile von ESP in Japan geliefert und die Gitarren in Memphis zusammengebaut. 1989 ging der Firma Saint Blues dann etwas die Luft aus und es gab bis zur Wiederbelebung im Jahr 2004 eine Zwangspause. In diesem Jahr wurde auch die Bluesmaster wieder eingeführt, deshalb wohl das Kürzel II hinter dem Namen des aktuellen Modells.

Die Produktpalette umfasst zum Testzeitpunkt 2008 sechs Modelle. Die honigblonde Testgitarre ist die Bluesmaster II, die sozusagen das "Grundmodell" der Palette darstellt. Man sieht natürlich auf den ersten Blick, dass viel Telecaster in dieser Gitarre steckt, aber die Korpusform weicht doch ziemlich ab und ist eigenständig. Vor allem ist die St.Blues Bluesmaster II um die Taille herum deutlich zierlicher als die ehrwürdige Schwester mit dem großen F.

 

          

 

Der kleine hübsche Korpus besteht aus schön gemaserter massiver Esche und ist aus zwei optisch sehr gut zueinander passenden Teilen zusammengefügt. Vorne und hinten gibt es ein jeweils einlagiges beige-farbenes Binding. Die Farbe ist honeysunburst und die Lackierung lässt nichts zu wünschen übrig. Das ist wirklich klasse ausgeführt und macht einen noblen Eindruck. Ebenso der Ahornhals mit dem dicken Griffbrett aus schönem dunklen Palisander und den Dots aus Perlmutt. Die Mensur ist fenderlike, ebenso die 21 Medium Bünde. Die Halsdicke ist ganz schön fett, aber noch kein richtiger Knüppel. Der meiner Telecaster ist etwas dünner. Die Halsbreite am Sattel beträgt 42 mm, hat also auch übliches Format. Das passt auch für meine eher breit geratenen Griffel. Der Halsradius ist modern geraten. Also sehr flach, was Bendings und meiner Meinung nach auch allen anderen Spielereien entgegenkommt. Die Kopfplatte ist tiefer angesetzt als bei einer "normalen" Fender Gitarre. Außerdem sind die geschlitzten Schäfte der Wilkinson Mechaniken nicht sehr hoch. Das bedeutet, dass die Saiten im Vergleich zu meiner Fender Tele bei der Bluesmaster II in einem deutlich steileren Winkel und dadurch mit mehr Druck über den Sattel laufen. Der Halsspannstab ist von der Kopfplatte aus zu erreichen.

Am anderen Ende werden die Saiten von hinten durch den Korpus in eine Tele-typische Steg-Blechwanne geführt. Die drei Messingreiter sind nicht rund sondern unterschiedlich abgeflacht. Damit kann man mit etwas Herumprobieren und Schrauberei die Oktavreinheit besser einstellen als bei den normalen dreiteiligen "vintage" Tele Saitenreitern. Der Stegpickup sitzt wie beim Vorbild mit drei Schrauben befestigt in der Wanne und verspricht den typischen "Twang".

 

          

 

Die Pickupbestückung und das Regelwerk unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht von der Telecaster. Ok, der Stegpickup hat keine Chromkappe. Die verchromte Reglerplatte mit dem Dreiweg-Schalter und den Telecasterknöpfen, das ist alles wohlbekannt und bewährt. Aber bei der Bluesmaster II verbirgt sich dort noch ein kleines Schmankerl, die beiden Knöpfe sitzen auf Push-Pull Potis. Die hauseigenen Single Coils werden an zwei Stellen angezapft, bei gezogenem Poti stehen nur ca. 75 Prozent der Windungen und ein entsprechender schlankerer Sound zur Verfügung. Dabei ist ganz logisch das vordere Volume Poti zum "splitten" des Halspickups und das hintere Tonpoti zum "splitten" des Stegpickups da. Die Single Coils haben flache Polepieces und klingen sehr ausgewogen in Sachen Lautstärkeverhältnis der einzelnen Saiten.

 

       

 

Ich spiele in erster Linie eine Gibson ES und bin deren Größe gewohnt. Wenn ich die St.Blues in die Hand nehme kommt sie mir natürlich sehr klein vor. Das ist ungefähr so Les Paul Größe, nur ist der Korpus nicht ganz so tief, flacher und die Gitarre viel leichter. Sie bringt ungefähr drei Kilo auf die Waage und ist einen Tick schwerer als meine Telecaster. Vor dem Bauch hängt sie, wie eine Tele eben so hängt. Der hintere obere Korpusbogen drückt in den Unterarm, aber das kennt man ja. Kopflastigkeit oder so habe ich nicht verspürt, das ist alles teletypisch komfortabel. Die Gitarre spielt sich wie von selbst, obwohl die Saitenlage gar nicht mal so flach eingestellt ist. Da ist noch einiges möglich, die Bundabrichtung ist astrein und auch die Bundkanten stören überhaupt nicht, wenn man am Halsrand entlang streicht. Man fühlt sich sofort wohl mit dem kleinen Ding.

 

       

 

Der Ton ist gar nicht klein. Da kommt ein ganz schön fettes Pfund und ordentlich Druck heraus, sofern man nicht die Potiknöpfe herauszieht. Die Gitarre klingt eindeutig nach Telecaster, aber nicht etwa schrill und spitz, wie man aufgrund des Esche Korpus vermuten könnte. Ich hatte jahrelang eine Esche Telecaster Custom, die hat alles in Grund und Boden geklingelt. Wohl auch aufgrund des Palisander Griffbrettmaterials klingt die St.Blues aber eher rund und kräftig, ohne dabei den Tele Twang vermissen zu lassen. Meine Japan Fender Telecaster, die man auch auf den Bildern siehr, klingt etwas knochiger, klingeliger und schlanker und hat nicht ganz so viel Pfund, aber beide Gitarren haben den gleichen Grundcharakter.

Wie nachzulesen ist, hat Roy Buchanan, bekanntlich einer DER "Tele-Männer" überhaupt, auch eine Bluesmaster gespielt. Der wird gewusst haben warum. Coutry-twang, chicken picking, behind the nut bending, diese ganzen Tele-typischen Sachen kann die Gitarre mit Links. (die Gitarre wohlemerkt. Ich leider nicht.

 

 

Clean klingt es rund und kräftig. Und diese Tonentfaltung macht sich auch im Zerrbetrieb bemerkbar. Natürlich ist eine Telecaster nicht unbedingt eine High Gain Gitarre, auch die St.Blues nicht, aber durch den "stabileren" Ton kann sie sich in höhere Gain-Gefilde wagen als z.B. meine etwas klirrigere Fender Tele. Auch bei viel Zerre hat hierbei nichts angefangen zu Pfeifen, die Pickups können das ab. Klanglich geht das auch, aber für mich ist die Bluesmaster eher im Clean/Crunch Bereich zu Haus. Das sagt ja eigentlich auch ihr Name schon aus.

Bluesige Licks im cleanen oder leicht zerrenden Bereich kommen richtig gut raus aus dem Ding. Der Stegpickup kann dabei auch ordentlich schreien und der Halspickup hat einfach den Blues. Man hört und liest ab und zu, ein Tele-Halspickup hätte keinen Charakter. Der Meinung war ich nie. Der Halspickup der St.Blues gefällt mir aufgrund der kräftigeren Ansprache fast noch besser als der meiner Japan Tele. Das raucht schön und ist dynamisch und alles andere als Charakterlos. Das hat zwar etwas weniger Bauch als ein Strat-Halspickup, ist dafür aber bellender und irgendwie gemeiner.

Zieht man die Potiknöpfe heraus, wird es natürlich etwas leiser. Es gibt dann einfach von allem etwas weniger. Weniger Biss, Höhen, Bässe und überhaupt. Alles Geschmackssache und vielleicht braucht ja wirklich jemand so etwas, ich habe die Knöppe aber immer schnell wieder runter gedrückt. Für mich wird die Gitarre damit einfach nur zugewürgt und geschwächt. Das kann man auch mit einem Dreh am Volumepoti bewirken. Sinn macht die Sache für mich aber in der Zwischenstellung, wenn beide Pickups in Betrieb sind. Dann hat man durch das Ziehen der Potis zusätzliche Klang-Nuancen zur Verfügung. Etwas mehr in Richtung Steg- oder eben in Richtung Halspickup, das klappt gut.

Die St.Blues Bluesmaster II ist eine Gitarre, die man empfehlen kann. Die Verarbeitung stimmt, die eigenständige Optik auch und alles macht einen hochwertigen Eindruck. Der Klang und die Bespielbarkeit machen Spaß und gute Laune und der Preis ist auch völlig ok, denn den ist die Gitarre wert. Was will man mehr.

 

 

 

   Vielen Dank an Taranaki Guitars für die freundliche Leihgabe!

 

 

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                                                                                                                 © alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 26.06.2008