Taranaki P-Type TK

 

 

Taranaki vertreibt seit neuestem Gitarren unterm eigenem Label. Seit Juni 2008 sind die TK Modelle als P-Type mit drei P90 oder als H-Type mit zwei Humbuckern zu haben. Außerdem gibt es beide Versionen mit oder ohne Tremolo. Der schöne Koffer, in dem sich das schöne Testmodell oben präsentiert, gehört allerdings nicht zum Lieferumfang. Die Taranakis kommen erstmal ohne. Die Farbauswahl beschränkt sich beim P90 Modell momentan auf transparent rot und auf das vintage violin, das die Testgitarre zur Schau trägt. Die Humbuckerversion ist in transparentem schwarz oder weiß zu haben. Alle Farben sind im satin finish. Seidenmatt könnte man wohl auch dazu sagen. Hergestellt werden die Taranaki Gitarren in Korea.

 

  

     

Der eigenständig geformte Korpus der TKs ist aus Erle, der Hals aus Ahorn mit nicht gerade dünnem Palisandergriffbrett und auf Höhe des dritten Bundes angeschäfteter Kopfplatte. Der Sattel ist aus Graphit. Die Testgitarre hat zwar noch keine, aber die Serienausführung wird mit Locking Tunern ausgestattet sein. Oben hat der Korpus ein hübsches Ahornfurnier mit vielen Stripes verpasst bekommen. An den Zargen und auf dem Rücken ist er in einem transparent rotbraun ebenfalls seidenmatt lackiert und auch der verschraubte Ahornhals hat seidenmatte Farbe abbekommen. Allerdings farblos, was keinesfalls negativ gemeint ist.

Die untere, vordere Ecke des Korpus am Halsübergang ist etwas abgeflacht, was das Spiel in den höheren Lagen bequemer macht. Bequem sind auch die Strat-mäßigen Shapings an der oberen Korpusrückseite und vorne auf der Vorderseite auf Höhe der Armauflage. Ergonomisch günstig ist die ganze Sache. Die Decke ist rundherum mit einem farblich zu den P90 Kappen passenden einlagigen Binding versehen.

 

 

Der Hals hat einen flachen Radius und ist sehr gut bespielbar. Die Saitenlage ist flach eingestellt und nichts scheppert, die Bundbearbeitung ist also prima ausgefallen. Irgendwelche Deadspots habe ich nicht gefunden. 42 mm Breite am Sattel ist mittlerweile so etwas wie ein Standardmaß und das ist auch gut so, finde ich. Am 12. Bund ist er auf 50 mm gewachsen, die Finger haben genug Platz. Den Halsrücken würde ich als kräftiges D bezeichen, da hat man was in der Hand. Unter dem 16. Bund setzt der Korpus an, so wie bei einer Strat. Durch die abgeflachte Ecke am Korpus kommt man in Bezug auf die Handinnenfläche in den höheren Lagen etwas besser bzw. bequemer zurecht, als bei einer Standard Strat vom großen F. Der Handrücken stößt dafür aber aufgrund des enger geformten unteren Cutaways eher an Grenzen als beim großzügiger geformten unteren Cutaway des besagten Fender Klassikers. 22 Bünde hat die Taranaki, am Griffbrettende steht das Palisandergriffbrett ca. einen cm über den Ahornhals hinaus. Kunststoffdots findet man oben auf den obligatorischen Positionen und auch im Rand des Griffbretts. Die Mediumbünde sind eher hoch. Kontakt mit dem Griffbrettholz bekamen meine Finger nicht, was Bendings und anderen Spielereien freie Bahn lässt. Der Hals ist klasse bespielbar. Der in beide Richtungen spannbare Halsstab wird bei der Halsstärke wahrscheinlich nicht oft benötigt werden. Zugänglich ist er über die Kopfplatte. Eine Abdeckung war bei der Testgitarre erstmal nicht montiert, es lag aber eine solche incl. Schraube mit bei. Die benötigten Inbusschlüssel für den Halsstab und die Böckchen des Tremolos zur Justage der Saitenhöhe ebenso, so muss das sein.

 

         

 

Oben auf den beiden Fotos sieht man die Shapings des Korpus. Da passt ein nicht allzu ausgeprägter Bauchansatz gut rein und der rechte Unterarm wird nicht von einer scharfen Kante malträtiert. Sehr bequem hängt die Gitarre am Gurt. Einen kleinen Tick leichter als meine Fender Strat ist sie. Den Fünfwegschalter für die Pickups erreicht man gut mit dem kleinen Finger, das Volumepoti ebenso. Das Tonpoti etwas schlechter, da ist der Vibratohebel natürlich etwas im Weg. Aber erstens braucht man das ja nicht ganz so oft und außerdem kann man nicht alles haben. Die Potis arbeiten gut. Beim Runterdrehen des Volume gehen kaum bis gar keine Höhen verloren, damit kan man gut hantieren.

 

         

 

Das Vibrato ist ein King Trem. Mit etwas googlen findet man die Homepage des Herstellers. Großer Vorteil: man kann den Handballen auflegen, ohne dass das Vibrato reagiert. Der Hebel ist steckbar, was ich auch sehr praktisch finde. Die Buchse scheint aus irgendeinem Hartkunststoff zu sein, der Hebel saugt sich fast rein und nichts schlackert. Lässt man den Hebel los, dreht er nach unten weg. Die Saiten werden wie bei einem Strat Tremolo von hinten eingefädelt.

Das King Trem Vibrato hat so etwas wie eine leichte "Mittenrast". In der Ruheposition ist es also sozusagen leicht geblockt. Man muss dadurch einen leichten Anfangswiderstand überwinden, egal in welche Richtung man das Trem (oder Vibrato, wie es ja eigentlich richtig heißt) bewegt. Daran muss man sich erstmal gewöhnen, insbesondere wenn man nur ganz leicht um den Ton herumvibrieren will, aber nach einer Weile gehts. Extreme Dive Bombs bis zum totalen Saitenschlaff sind nicht möglich, aber man kann ziemlich weit runter. Je dicker die Saite, desto weiter geht es abwärts. Hinauf ist es ähnlich. Die tiefe E Saite kann man ungefähr vier Halbtöne hochziehen, bei den dünneren Saiten wird es weniger. Die Stimmstabilität war bei der Testgitarre völlig in Ordnung, etwas besser als bei meiner Fender Strat. Mit den Locking Tuner des Serienmodells dürfte das dann wohl sogar noch etwas besser sein. Das Vibrato arbeitet mit zwei Federn. Diese sind mit Schaumstoffstreifen gefüllt. Damit kann man dieses Klingeln oder diesen Hall-ähnlichen Effekt unterdrücken, der manchmal durch das Mitschwingen der Federn bei solchen Vibratosystemen entsteht. Ein kleiner Trick, den man sich merken sollte.

 

         

 

Die Pickups sind ganz schöne Kraftpakete. Da kommt Wumms raus. Wie zu erwarten ist, liegen die Klangresultate irgendwo zwischen Humbucker und Singlecoil. Das Dreierpack ist so verschaltet, dass es in den Zwischenstellungen nicht brummt. Sehr sinnvoll ist das, den die P90 sind bekannt für ihr Brummpotenzial. Aber sie sind auch bekannt auch für ihren rotzigen und dynamischen Klang und genau der kommt auch hier zu Tage. Fast mit Humbuckeroutput, aber mit mehr Spritzigkeit und Rotz als die eleganteren Doppelspuler gehen die drei richtig gut los. Das sind Rocker. High Gain ist konstruktionsbedingt nicht das beste Arbeitsfeld für P90, aber alle Zerrgrade darunter gehen ab wie Luzi. Alle fünf Schaltpositionen geben da eine sehr gute Figur ab und alle fünf geben sich auch Lautstärkemäßig ausgeglichen, obwohl alle drei Pickups gleich hoch eingestellt sind.

Erlekorpus plus drei Pickups, das kann man durchaus an Stratocaster denken. Von der steckt auch viel drin im Klang. Die P90 Taranaki ist einer Stratocaster deutlich näher als einer Paula. Der Stegtonabnehmer hat noch am wenigsten Strat-Effekt parat. Der klingt recht eigenständig. Das ist ein ziemlich kompaktes dynamisches Rockbrett in ZZ Top Manier. Solche "Bärte-Licks" perlen da nur so raus. Mit meinem kleinen Peavey Classic 20 ging das so richtig schön ab, wie dafür gemacht. Ein bisschen Drehen am Volume Knopf und es wird clean. Eine richtige Arbeitsgitarre, die Spaß macht.

In der ersten Zwischenposition wird es schon strattelig, aber natürlich mit enorm viel mehr Power. Strat on Dope sozusagen. Noch weiter in Richtung Hals wird der Strat-Anteil dann immer größer. Dreht man das Volume etwas zu klingt es in der zweiten Zwischenposition oder mit dem Halspickup schon fast SRV mäßig, so nach Texas Power Strat. Dreht man das Volume Poti ganz auf, gibts wieder den Strat-Overkill. Alles rau mit viel Schmatz und Rotz. Das Brummproblem hält sich dabei einigermaßen zurück. In den Zwischenpositionen ist ja sowieso Stille angesagt, aber auch sonst bleibt alles in einem akzeptablen Rahmen.

 

         

 

Cleansounds mit P90 sind auch eine feine Sache. Kräftiger als mit normalen Single Coils kommt ein runder, druckvoller Sound zustande, der widerum etwas spritziger und dynamischer rüber kommt als der typische Humbuckersound. Mit einem Dreh am Volumeregler wird es auch hier wieder ganz eindeutig stratig. Richtiges Stratklingeln ist natürlich mit den dicken Soapbars nicht drin, aber eine eindeutige Tendenz dahin schon. Mit zurückgeregeltem Tonpoti lässt es sich auch sehr gut und holzig jazzen. Die Gitarre ist ziemlich vielseitig, ihren rockig rotzigen Grundcharakter hört man aber eigentlich immer irgendwo heraus. Den möchte sie nicht verbergen und das ist ja auch gut so.

 

Unten sieht man noch ein paar Bilder von den Gurtknöpfen. Die kann man mit den Security Locks von Schaller benutzen. Man kann aber auch die große Rändelschraube, die man in den unteren beiden Fotos sieht nutzen und damit "normale" Gurte sichern. Eine feine Sache, die nicht unerwähnt bleiben soll.

 

         

         

 

Mein ganz subjektives Fazit:

Mit der P90 TK gibt Taranaki einen klasse Einstand. Für das Humbucker Modell kann ich zwar nicht sprechen, das kenne ich noch nicht, aber die P90 gefällt mir sehr gut. Sie ist eine klasse verarbeitete Rock/Blues und Allround Gitarre mit deutlichen Stratanleihen, aber dennoch eigenständigem Sound und eigenständiger Optik. Für Leute, die Strats mögen, es aber doch gerne etwas kräftiger hätten ist das eindeutig eine Adresse. Der Preis stimmt meiner Meinung nach auch. Mit ihrem Klangcharakter würde sie auch sehr gut in meinem Fuhrpark eine noch offen stehende Lücke zwischen Strat und ES füllen, aber ich übe mich in selbst auferlegter Askese. Strat, Tele, ES und Archtop sind schon weit mehr als genug und dabei soll es bleiben.

Obwohl...   so ein kleines P90 Sahneschnittchen.....              hm, lieber nicht weiter drüber nachdenken.

Etwas Mecker habe ich aber noch:
Ich transportiere meine Gitarren oft und die meisten anderen Gitarristen tun das auch mit ihren Gitarren. Meiner Meinung nach sollte ein Koffer oder zumindest ein Gigbag einfach mit dabei sein.

 

 

   Vielen Dank an Taranaki Guitars für die freundliche Leihgabe!

 

 

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                                                                                                                 © alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 26.06.2008