Telecaster Stege und Reiter

Bridges von Fender, Joe Barden und Glendale

 

In diesem Bericht geht es um originale und Zubehör-Stege und Saitenreiter für die Fender Telecaster. Ich hab hier dafür eine Joe Barden Bridge, zwei verschiedene Glendale Bridges, originale Fender und Squier Bridges und eine ganze Horde Saitenreiter aus verschiedenen Materialien und in unterschiedlichen Formen parat. Als Testgitarren halten meine beiden Mexico Teles her, eine Erle/Palisander 60´s und eine Esche/Maple 50´s.

Es geht hier nur um die klassische Form der Brücke, also um die mit drei Saitenreitern und den bekannten Intonationsproblemen wegen der eingeschränkten Möglichkeiten in Sachen Einstellung der Oktavreinheit. Hier gibt es aber schon seit langem Hilfe in Form von sogenannten kompensierenden Saitenreitern. Die sitzen nicht gerade auf den langen Schrauben sondern schräg, wie z.B. serienmäßig auf der Joe Barden Bridge.

Hier erst mal ein Foto vom Krimskrams, den ich für diesen Bericht zur Verfügung habe. Da fehlt nur die Squier Bridge, die sieht man weiter unten:

 

 

Die verschiedenen Brückenplatten unterscheiden sich in Material und Form. Ich habe von Glendale eine Brücke aus nicht magnetischem Edelstahl und eine aus magnetischen "cold rolled steel". Beide sind nicht weiter galvanisiert und fallen durch eine geringe Wandstärke auf. Sie sind beide recht deutlich dünner als die anderen, die ich zur Verfügung habe. Außerdem ist der Tele-typische hochgefalzte Rand bei diesen beiden Teilen beidseitig fast komplett freigefräst. Das erhöht natürlich die "Fingerfreiheit" beträchtlich, wenn man nah am Steg anschlägt. Diese beiden Brücken werden ohne Saitenreiter geliefert. Die muss man extra bestellen (und natürlich leider bezahlen). Wo wir gerade bei Bezahlen sind: Die Glendale Preise sind ziemlich hoch. Wenn ich die Glendale Sachen mit der Joe Barden Bridge vergleiche, dann weiß ich trotz aller Unterschiede nicht, wie sich die hohen Preise rechtfertigen sollen. Die Joe Barden ist mit Saitenreitern nur halb so teuer, qualitativ absolut auf gleicher Höhe und auch noch galvanisiert. Nicht dass galvanisiert besser wäre, aber es ist ein zusätzlicher teurer Arbeitsschritt.

Die Joe Barden Bridge ist vernickelt und kommt mit kompensierten Messing Reitern daher. Bei älteren Brücken sind Schlitz-Madenschrauben in den Böckchen, bei neueren Teilen Inbus-Madenschrauben. Die Joe Barden ist in Sachen Wandstärke die kräftigste im Testfeld. Deutlich dicker als die Glendales und auch ein bisschen dicker als die Fender Teile. Auch bei dieser Brücke ist zumindest teilweise die "untere" Seitenwand abgefräst. Das gibt dem kleinen Finger beim Finger-Picking mehr Raum. Zur besseren Verbindung zum Korpus wird die Joe Barden mit zwei zusätzlichen Schrauben an der zum Gitarrenhals gerichteten Seite mit dem Korpus verschraubt. Die zusätzlichen Schrauben werden natürlich mitgeliefert.

Die originalen Brücken meiner beiden Mexicos und meiner Japan Custom Tele aus den Achtzigern sind verchromt. Die beiden mexikanischen Brücken fallen durch scharfe Kanten auf. Insbesondere an den beiden hinteren Ecken wird es sehr unangenehm, wenn man mal den Handballen auflegt. Allein das macht für mich einen Austausch schon erforderlich. Nichtsdestotrotz haben die beiden mexikanischen aber selbst den teuren Glendales und Joe Bardens eine Sache voraus. Und zwar sind die kleinen Löcher für die Saitendurchführung angesenkt. Das heißt, die Saiten laufen hier nicht über eine scharfe Kante und werden dadurch geschont.

Dann hab ich noch eine Squier Brücke, die dadurch glänzt, dass man die Saiten auch direkt oben in die Brücke einfädeln kann. Eine Toploader Bridge also. Die normalen Saitendurchführungslöcher sind aber auch vorhanden. Die Brücke ist auch verchromt, die Ecken sind nicht scharfkantig. Negativ fällt leider auf, das sie leider nicht hundertprozentig plan aufliegt, das ist nicht schön. Das könnte man aber dadurch beheben, dass man nach Joe Barden Art vorne zwei zusätzliche Schraublöcher bohrt und verwendet.

 

Die Brücken sind aber nur eine Seite der Medaille. Was wären die ohne die Böckchen bzw. Saitenreiter:
Hier gibt es verschiedenen Materialien und Formen. Ich habe zwei verschiedene Messingböckchen. Und zwar die originalen von der Joe Barden Bridge und kompensierte Zubehör Böckchen von Göldo. Auf der Squier Bridge sind verchromte Reiter mit jeweils einer Rille für die Saiten. Von Glendale habe ich kompensierte Böckchen aus "cold rolled steel". Von Fender hab ich die originalen glatten Stahlreiter der 50s Tele (mit Schlitzschrauben) und die gerillten sogenannten "threaded saddles" der 60s Tele. Letztere fallen für mich (und deshalb auch aus diesem Test) raus, weil ich es mit den Teilen nie geschafft habe, einen ausgewogenen Abstand der Saiten zueinander einzustellen. Irgendwelche Saiten lagen immer zwangsläufig näher zusammen als andere. Das ist nix für mich, deshalb weg damit.

Leider hat nicht ein Hersteller bei den Teilen, die ich hier zum Test habe die Idee gehabt, die Madenschrauben in der Höhe etwas anzupassen. Die beiden äußeren müssten etwas kürzer sein, damit sie nicht herausstehen und in den Handballen drücken. Ein altes Problem der klassischen Bridges, dass die Hersteller doch mal locker lösen könnten. Oder bin ich der einzige, den das stört? Nur bei den Glendale Böckchen stört das nicht ganz so sehr, und zwar weil die Madenschrauben bei denen insgesamt etwas kürzer sind als bei den anderen Herstellern.

 


Oben links die Threaded Saddles, die für mich nichts taugen aus o.g, Grund, links unten die Squier Bridge mit
dazugehörigen Böckchen, rechts oben Glendale, da drunter die kompensierten Göldo Messing
rechts unten die originalen geraden Stahl Böckchen der 50s Mexico Tele mit Schlitz Madenschrauben

 

So, nun aber endlich zum eigentlich Interessanten: Wie sind die klanglichen Unterschiede?

Ich beschreibe den Unterschied zur originalen Brücke mit den originalen Stahlreitern.
Zunächst habe ich nur die Böckchen ausgetauscht. Es kamen erst die kompensierten Göldo Messingböckchen und dann die kompensierten Glendale "cold rolled steel" Böckchen auf die originale Fender Brücke der 50s Tele. Die Oktavreinheit ist natürlich mit den beiden kompensierten Sets deutlich besser einzustellen als mit den geraden originalen Böckchen.

Glendale "cold rolled steel": Die klingen ähnlich den Stahl-Originalen der Mexico 50s Tele, sind aber noch etwas heller, merkwürdigerweise gefühlt lauter und etwas klarer. Im Vergleich mit den Messing Böckchen kommt das alles noch viel heftiger zu Tage. Deutlich heller, klarer und auch härter, aber vor allem bringt der Stahl gegenüber dem Messing mehr Dynamik ins Spiel.

Göldo Messing: Die klingen deutlich milder, als die beiden eben genannten. Eine leichte Mittennase ist plötzlich zu hören. Weicher und samtiger wird die Tele durch das Messing. Es dämpft alles etwas und tatsächlich schrumpft auch die Dynamik etwas. Das lässt sich auch auf die Messing Reiter der Joe Barden Bridge übertragen.

Nur der Tausch der Saitenreiter macht schon einen gehörigen Unterschied. Das hat nichts mit Graswachsen hören oder Voodoo zu tun, man kann damit eine Tele klanglich gezielt in bestimmte Richtungen trimmen. Vielleicht macht dabei sogar ein Mischen der Reiter Sinn. Will man klarere Bässe, aber mildere Höhen, dann nimmt bei den hohen Saiten eben Messing und unten Stahl z.B.

Was aber für mich nach diesem Test absolut für Stahl spricht, ist die deutlich bessere Dynamik. Der Unterschied hat mich im direkten Vergleich doch ziemlich verblüfft. Mit Dynamik meine ich das durch die Anschlagstärke steuerbare Feld zwischen sehr leise und so laut wie möglich. Das ist mit Stahlreitern derart größer und besser nutzbar, dass für mich subjektiv nach diesem Test feststeht, dass mir kein Messing mehr auf einen Telesteg kommt.

Bei meiner 60s Tele ist das Ergebnis (wen wunderts?) ähnlich. Nur das mit der Mittennase bei den Messingreitern kommt da nicht so heraus, das muss entweder am Palisandergriffbrett oder am Erlenkorpus liegen. Die beiden Gitarren klingen ja von vornherein schon deutlich unterschiedlich.

 

            

                                 Originale Fender Bridge mit Joe Barden Böckchen                            Glendale Edelstahl Bridge mit Glendale Böckchen

 

Nun zu den Grundplatten:

Da gibt es ja die Unterschiede in der Wandstärke und im Material (magnetisch und nicht magnetisch). Bis auf die Edelstahl-Glendale Bridge sind alle magnetisch. Die beiden Glendales vergleiche ich also am Ende untereinander.

          
               Squier                                Fender Mexico                Glendale Cold Rolled Steel                      Joe Barden

 

Erst mal kann man sagen, dass die verschiedenen Grundplatten klanglich weniger Einfluss haben als die verschiedenen Materialien der Böckchen. Hier muss man beim Vergleich schon etwas mehr die Ohren spitzen. Zwischen der Joe Barden Bridge und der originalen Fender (Mexico) Bridge kann ich beim besten Willen keinen Unterschied hören, wenn sie mit den gleichen Saitenreitern bestückt sind. Da bleiben nur die Vorteile der zusätzlichen Schraublöcher, der ausgefrästen rechten Wand und der "nicht-Scharfkantigkeit", also der besseren Verarbeitung.

Der Vergleich der Glendales mit der Joe Barden bringt aber doch einen kleinen Klangunterschied zu Tage.

 


Links Mexico Fender (man beachte die hinteren Ecken, die sind grausam), oben Joe Barden, unten Glendale cold rolled steel (aged)
Der Unterschied in Sachen Wandstärke kommt auf den Fotos nicht wirklich heraus, man merkt ihn aber sofort, wenn man die Brücken in der Hand hat.

 

Stabil passt da als Beschreibung der Unterschiede nicht nur in Sachen Wandstärke sondern auch in Sachen Klang. Die Joe Barden klingt irgendwie fester, dicker und stabiler. Bei den Glendales hört es sich dagegen so an, als ob irgendwelche Mittenbereiche etwas ausgedünnt werden. Ich würde jetzt lieber nicht sagen, dass sie dünner klingen, denn das kommt irgendwie negativ rüber. Ist es aber nicht. Die klingen immer noch kräftig. Mir fällt jetzt auch noch der Ausdruck "blechern" ein, aber den kann ich eigentlich genauso wenig verwenden, weil auch zu negativ besetzt. Es ist echt schwer, sowas so zu beschreiben, dass es verständlich rüber kommt und das auch noch ohne als Voodoo Graswachshörer verschrien zu enden.

Auf jeden Fall ist durchaus ein Unterschied da. Die Glendales sind (mit gleichen Reitern bestückt) ohne das negativ zu meinen, blecherner, transparenter, klingeliger als die anderen. Sie sind eben anders. Allerdings sind das wirklich nur Nuancen. Aber auch das kann eine Gitarre noch mehr in eine gewünschte Richtung bringen.

Beispiel:
Meine beiden Teles klingen mit den originalen Brücken und Reitern wirklich völlig unterschiedlich. Die 50s ist deutlich spritziger, klingeliger und dynamischer als die 60s, die dafür andere Stärken hat. Unterschiedlicher können Teles mit gleichen Pickups (hier der Fall mit Fender CS 51´Nocaster Sets) eigentlich kaum klingen. Wenn ich jetzt dem Ganzen entgegenwirke und der 50s die Joe Barden Bridge mit den Messingreitern und der 60s eine Glendale Bridge mit den Glendale cold rolled steel Sätteln verpasse, dann kommen sich beide Gitarren mehr als deutlich viel näher! Ich würde fast sagen, ein unbefangener Zuhörer würde im Blindtest den Unterschied dann wahrscheinlich nicht mehr hören. Man kann also damit, insbesondere mit den Saitenreitern eine zu bissige, giftige Tele etwas zähmen oder auch einer vielleicht etwas zu lahmarschigeren Vertreterin etwas Beine machen.
Insofern hat die ganze Zubehör Boutique Tele Bridge/Reiter Geschichte durchaus Sinn. Nix da mit Voodoo Geschwätz. Dass mir keiner hier mit Graswachsen kommt. Nicht sabbeln und vorurteilen, lieber selbst ausprobieren!

 


Glendale Cold Rolled Steel Bridge (aged) und Glendale Edelstahl Bridge, Glendale Cold Rolled Steel Saddles

 

Bleibt noch der Unterschied Cold rolled steel und Edelstahl, ersteres magnetisch, zweites nicht:
Da muss ich passen. Da kann ich ja nicht einen direkten A/B Test machen, wie mit den Saitenreitern. Beim Testen der Reiter habe ich einfach verschiedene auf eine Brücke montiert. Hier muss ich aber rein hören, umbauen (was ja nicht gerade unaufwändig ist und auch nicht soo schnell geht) und wieder rein hören. Ich meine zwar gehört zu haben, dass die Edelstahl Bridge hier etwas schärfer, die auf alt getrimmte cold rolled steel Brücke etwas wärmer klang. Aber dafür würde ich erstens nicht die Hand ins Feuer legen und zweitens betonen, dass es sich wirklich nur um Nuancen handelt.

Allgemein ist die klangliche (und dynamische) Auswirkung der verschiedenen Saitenreiter deutlich spür- und hörbarer als das bei den Brückenplatten der Fall ist.

Also meine Favoriten:
Auf der 60s Palisander/Erle Tele ganz eindeutig eine der Glendale Brücken mit den Glendale cold rolled steel Saitenreitern.
Auf der 50s auf jeden Fall auch die Glendale Saitenreiter. Bei der Brücke bin ich mir da nicht sicher, entweder die Joe Barden oder eine Glendale.

 

Puh, das war Arbeit! Ich hab gar nicht mitgezählt, wie oft ich Brücken und Saitenreiter ein- um- und ausgebaut habe. Aber es waren etliche Male. Trotzdem: Es hat enorm Spaß gemacht und mir selbst auch viele interessante neue Erkenntnisse eingebracht. Und meine beiden Teles wurden auch ein Stückchen besser durch diesen Test.

Was ich noch in nächster Zeit mal machen werde ist, den klanglichen Unterschied zwischen through body und toploaded zu beschreiben. Das kann ich ja mit der Squier Brücke machen, die beides zulässt. Aber das wird noch einpaar Tage dauern, denn ich habe jetzt erst mal die Nase voll davon, an meinen Teles herumzuschrauben :-)

 

Vielen Vielen Vielen Dank an Kai für die Leihgabe der Glendale Teile!!!!

Twang on!

 

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                                                                                                                 © alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 10.01.2012