Tonehunter Pedale

Tasty Flakes        Juicy Fruit         Hot Tuna

 

 

Hier gibt es mal einen Testbericht im Dreierpack, optisch etwas anders angerichtet als die anderen Pedal-Testberichte. Es gibt drei Leckerlis aus Köln. Leckere Flakes und saftige Früchte laden zum Frühstück ein, den heißen Thunfisch nehmen wir lieber etwas später. Dazu gibt es schaltbar gesunde Vitamine und Proteine, leckeres Chili, Nüsse und mehr. Und alles was nicht verwertet wird, geht einfach problemlos durch, denn es wird außerdem True Bypass serviert.

In der Verdaulichkeit lassen sich alle Pedale durch gleich benannte Regler beeinflussen. Die drei Potis regeln blow, voice und burn, womit nichts anderes als Output, Klang und Zerrgrad gemeint ist. Zerrgrad haben alle in unterschiedlichen Portionsgrößen zu bieten. Subjektiv am wenigsten der Tasty Flakes, ganz sicher am meisten der heiße Thunfisch. Die Regler-Knöpfe sind übrigens die, die man auch auf den meisten Boss-Tretern findet. Dazu haben die Pedale jeweils zwei kleine Kippschalter mit jeweils zwei Positionen. Beim Tasty Flakes heißen die Schalter crunch und nuts, beim Juicy Fruit Vitamin und Protein, beim Hot Tuna chili und dip.

Die Alu-Gehäuse sind nicht lackiert. Die Beschriftung der Pedale ist mit einer Klebefolie aufgebracht, die jeweils fast die ganze Oberseite der Pedale abdeckt. Alle haben eine grüne Status LED und einen für übliche normalo-Netzteile passenden 9 Volt Netzteilanschluss in der Stirnseite des Gehäuses. Zum Einlegen einer Batterie muss man die Bodenplatte abschrauben. Innen sieht man saubere Platinenbauweise, wobei die relevanten Bauteile gegen böse (Kopierer-)Blicke geschützt bzw. getarnt sind.

Die Pedale kosten momentan 379 Euro. (Nein, nicht alle drei zusammen, pro Stück). Da muss man natürlich schon richtig was bieten. Wenn man bedenkt, dass man für ein Tonehunter Pedal schon fast zwei OKKO Diablos bekommt müssen die Pedale sogar schon sehr sehr sehr viel bieten, aber das ist natürlich nur meine Meinung.

Was gibt es als Vergleich in dieser Preisklasse? Den erwähnten OKKO nehme ich einfach mal, auch wenn er günstiger ist. Außerdem habe ich ein "Standard" Baldringer Dual Drive ohne Mods, das sogar noch 70 Euro teurer, aber dafür im Grunde ein Doppelpedal ist. Die lege ich einfach mal zum lockeren Vergleich neben die Tonehunters.

 

 

           

 

Das Tasty Flakes und das Juicy Fruit liegen in Sachen erreichbarer Zerrgrad gar nicht weit auseinander, sie unterscheiden sich aber klanglich. Wie sie sich unterscheiden ist nicht einfach zu beschreiben, so ist es immer bei Testberichten. Beschreibe mal aussagekräftig einen Zerrsound. Ich würde sagen, das Tasty Flakes agiert und klingt etwas härter und direkter und noch transparenter, aber auch einen Tick breitbandiger. Das Juicy Fruit ist etwas wärmer, mittiger und gefälliger am Werk. Beide Pedale haben sehr große Treble-Reserven, die man aber über das Regelwerk gut zügeln kann. Bei den beiden wirken die beiden Kippschalter auch auf ähnliche Weise, (beim heißeren Hot Tuna wirken die sich etwas anders aus, aber dazu später). Der linke Kipper beeinflusst den Bereich Treble/obere Mitten, kann also etwas mehr Schärfe ins Spiel bringen. Der rechte hat so in etwa einen Bereich am Wickel, den ich als untere Mitten höre. Der kann gehörig Schub reinbringen oder eben herausnehmen. Die beiden Pedale können wirklich ordentlich Druck aufbauen, was sich auch bei einem eher leise eingestellten Amp bemerkbar macht. Der rechte Kipper ist fast sowas wie ein Loudness-Schalter bei einer HiFi-Anlage. Das geht natürlich auch bei lauten Sachen, da flattern dann die Hosenbeine.

Mit dem Okko Diablo hat man durchaus ein passendes Vergleichspedal. Man kann den weit in die Richtung beider Pedale, Tasty Flakes und Juicy Fruit trimmen, sofern man das bei der Vielseitigkeit der Testpedale und des Okko überhaupt sagen kann. Ich würde sagen, der Okko schwimmt klanglich und in Sachen Dynamik, Ansprache und Vielseitigkeit in der gleichen Liga. Andererseits habe ich aber mit meiner Sonic Blue Strat, Halspickup, Tasty Flakes mit dreiviertel Zerrgrad, crunch unten, nuts oben, Voice auf 12 Uhr und dem cleanen Deluxe Reverb einen Sound, den der OKO nicht erreicht hat. Das Tasty Flakes ist wie für diese eine Strat und diesen Deluxe Reverb gemacht, das war ein richtiges "Aha-Erlebnis". Irgendwie stimmten da alle Frequenzen, es klingelte und knallte in aller Strato-Pracht und war trotzdem fett. Und nichts, aber auch kein Deut nervte oder kam zu spitz rüber. Mit einer etwas outputstärkeren Japan Strat klang es zwar auch bestens, aber ein ganz gewisser Kick war plötzlich nicht mehr da. Das sind nur Nuancen, die man eigentlich nur als Spieler wirklich wahrnimmt, glaube ich. Außerdem muss dazu alles, Gitarre/Amp/Pedal richtig passen. Ein MP3 Schnipsel kann sowas nicht verdeutlichen. Aber diese Nuancen sind wichtig, weil sie einfach einen "Wohlfühlfaktor" für den Spieler darstellen. Und wer sich wohl fühlt, der spielt ganz anders  :-)

Meinen Baldringer Dual Drive würde ich grundsätzlich anders einordnen, der färbt den Sound weniger als die Tonehunter Pedale und der Okko Diablo. Für mich ist es tatsächlich so, dass ich im direkten Vergleich bei den Tonehunter Geräten und auch beim Okko ein Pedal höre und beim Dual Drive mehr einen Amp, ganz subjektiv ist das so. Mein Dual Drive bleibt mein Favorit und er bleibt auf meinem Effektboard. Sorry, da kommt einfach nichts ran, sofern Ampklang die Devise ist. Ich habe auch noch kurz den Edel-Tubescreamer Fulltone Full Drive II zum Vergleich neben die Tonehunter gelegt, der klingt Tubescreamer-artig enger, mittiger und kompakter, mehr noch als das Juicy Fruit. In Sachen Dynamik, also der Reaktion auf die Spielweise und auf das Volumepoti hinkt es etwas hinter den Tonehunter und den anderen erwähnten Pedalen hier im Test hinterher.

Die Tonehunter Pedale reagieren sehr gut auf alles was reinkommt. Die Anschlagstärke und das Drehen am Volumepoti wird mit Reaktion in Bezug auf den Zerrgrad und den Klang belohnt. Die Tonehunters sind da sehr musikalisch am Werk, würde ich sagen. Das sind nicht unbedingt Schönfärber, obwohl bei höheren Zerrgraden auch Kompression ins Spiel kommt. Aber man fühlt sich beim Ausprobieren sofort wohl, weil das was aus den Dingern herauskommt einfach gut ist. Ich hätte es nach dem beschriebenen sonic-blauen Stratvergnügen nicht schwer, mich zwischen dem Tasty Flakes und dem Juicy Fruit zu entscheiden, aber das ist Geschmackssache. Ersterer ist wie oben schon beschrieben transparenter und luftiger. Der Juicy Fruit ist etwas mittiger und kompakter am Werk, ohne dabei aber wie ein Tubescreamer zu klingen. So mittig ist er dann doch auch wieder nicht. Beide Verzerrer passen hervorragend zu meiner Strat i.V. mit dem Deluxe Reverb oder dem Super Reverb, das ist Texas Blues vom Feinsten.

Mit Humbucker betrieben blieb bei mir zwar so ein "Aha-Erlebnis" wie mit meiner blauen Strat aus, aber trotzdem sind die Teile auch dann alles andere als Allerwelts-Zerrer. Das ist natürlich fetter und zerrt mehr, klar. Aber die sehr gute Dynamik und Ansprache bleibt. Trotzdem, ich finde, so richtig gut werden die Geräte erst mit Strat oder Tele. Als cleane Booster können beide auch sehr gut werkeln, aber das wäre eigentlich Perlen vor die Säue. Warum sollte man Verzerrer, die vor cleanen Amps derart gute Zerrsounds produzieren nur dafür nutzen. Das können andere, viel günstigere Teile genau so gut. Das gilt meiner Meinung nach auch dafür, diese Pedale vor stärker zerrende Amps zu legen. Natürlich geht das und das sogar auch sehr gut, aber die eigentlichen Qualitäten der Teile werden dann etwas weggebügelt.

 

 

        

 

 

Das Hot Tuna ist eine andere Baustelle als die beiden ersteren, der tobt in Sachen Zerrgrad ganz anders los. Der ist nicht nur, aber doch mehr für die härtere Fraktion gedacht. Nicht nur für die härteren, weil er grundsätzlich nicht unbedingt der aggressivste Vertreter seiner Gattung ist. Er kann auch sehr dicke Sustainorgien fabrizieren, bei denen der Ton bis nach oder wie bei Santanas Europa trägt. Der Chili Switch bringt da in meinen Ohren nicht mehr Schärfe ins Spiel, sondern mehr Kompression, der Dip Switch ist mehr für den Schärfegrad zuständig. Der erreichbare Zerrgrad ist vor einem cleanen Amp wirklich sehr sehr dick und heftig. Der Ton trägt total und die Töne fließen nur so aus den Fingern, selbst meine eher klingeligen Sonic Blue Strat wird zum fetten singenden Zerrmonster. Bei Zerrgrad Rechtsanschlag ist es so dick, dass die verschiedenen Pickup-Positionen der Strat kaum noch erkennbar sind. Das spricht aber nicht gegen das Pedal, bei der Zerrintensität und Dichte ist das nun mal so (und so weit muss man ja auch nicht aufdrehen). Die Nebengeräusche bleiben dabei bemerkenswert im grünen Bereich, insbesondere wenn man bedenkt, was für ein Zerrgrad da abgeht. Natürlich rauscht es, aber nicht über Gebühr nervig oder störend. Das Hot Tuna ist das richtige für den gepflegten High Gain Solo- und Rhythmussound.

Ich fand, da ist auch ganz schön viel vom sogenannten "EVH-Brown Sound" drin. Für richtig fies aggressive Zerstörer-Klangwände ist es vielleicht manchem zu brav. Ich meine auch, der Thunfisch sollte vor einem cleanen oder zumindest fast cleanen Amp serviert werden, sonst wird es schnell des guten zu viel. Die beiden Kipper arbeiten etwas anders als bei den beiden zerr-zahmeren Brüdern. Da kann es mehr nach vorn drücken oder etwas mehr bzw. breiter in den Hintergrund gehen. Chili bringt nach oben gekippt einen schönen Mitten-Durchsetzungsschub. Durch die Kipper sind die drei Pedale recht vielseitig. Zerrgrad gibt es beim Hot Tuna wie gesagt bis zum Abwinken, aber es klingt über die ganze Zerr-Bandbreite gut. Sogar bei ganz zugedrehtem burn- also Zerrgradregler klingt es nicht übel. Mit der Strat gibt es dann je nach Kipper-Stellung fast cleane Sounds, die man mit der Anschlagsweise schön rau und dreckig gestalten kann. Dreht man den Zerrgrad dann weiter hoch, geht es über die Zerrgrade, in denen die anderen beiden Pedale glänzen. Und auch da klingt es. Eher etwas rauer und straffer, mehr in Richtung Tasty Flakes als in Richtung Juicy Fruit. Nicht ganz so ausgewogen, irgendwie rüpeliger aber nicht schlecht. So gesehen ist das Hot Tuna eigentlich das vielseitigste der drei Pedale. Trotzdem: es ist mehr für die dicke Kelle. Wer mehr Wert auf angezerrte bis satt zerrende Rocksounds legt, sollte zu den beiden zahmeren Pedalen greifen. Die können das etwas besser, der heiße Thunfisch ist für das da, was in Sachen Zerre darüber hinaus geht.

Klasse Pedale sind das! Mein Favorit ist ganz klar das Tasty Flakes, gerade weil es so extrem gut zu meiner blauen Strat passt und weil ich die heftigen Zerrgrade, die das Hot Tuna so gut kann und bietet einfach nicht brauche. Das Juicy Fruit ist nicht weniger gut, aber mehr so der Allrounder mit etwas weniger Ecken und Kanten. Absolut empfehlenswert sind alle drei ganz ohne Zweifel. Bleibt der Preis, über den man sich Gedanken machen muss. Für das Geld hätte ich ganz subjektiv z.B. gerne mehr als eine Allerwelts-Alubox mit Reglerknöppen vom Boss-Pedal und Klarsichtfolie oben drauf. Aber das bleibt schlicht Ansichtssache.

Vielen Dank an Frank Papstein für die freundliche Leihgabe!
Außerdem möchte ich noch auf den meiner Meinung nach guten und passenden Testbericht von Michael Dommers in der Gitarre&Bass 11/08 hinweisen, der noch etwas mehr ins Detail geht (vielleicht auch in Sachen Preisrechtfertigung). Den und andere ältere Testberichte kann man über die Website des Magazins für ein kleines Entgelt downloaden.

 

 

Da liegen die drei, der Test hat richtig Spaß gemacht!

 

ZURÜCK

 

                                                                                                                 © alle Bilder und Text, Dieter Stenzel, 21.06.2009